Der Schlangenmensch by Wolf Stefan

Der Schlangenmensch by Wolf Stefan

Autor:Wolf, Stefan [Wolf, Stefan]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


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Verdorrte Grashalme vom Vorjahr kitzelten ihn im Gesicht. Mit dem Pullover blieb er im Strauch hängen. Ein fetter Regenwurm bewegte sich vor seiner Nase, aber Tarzan kroch noch ein Stück weiter. Bis er fast unter dem geöffneten Fenster war.

Verwundert bemerkte er die beiden Flaschen, die inmitten von Farnkraut auf zwei Ziegelsteinen standen.

Es waren Schnapsflaschen, beide noch halbvoll.

„So! Das war also Walter Jeske“, hörte er eine harte Stimme durchs Fenster. „Bis der hier ist, dauert es sicherlich ein Weilchen.“

„Bestimmt“, sagte der zweite. „Es ist zu vermuten.“

Er sprach schwerfällig.

Das wird Herbert Gerlich sein, dachte Tarzan.

Den Nachnamen hatte er festgestellt, als er vorhin am Grundstück vorbeischlenderte. Neben der Gartenpforte hing ein Briefkasten, an dem — hinter einem Plastikfensterchen — ein handgeschriebener Zettel steckte: Herbert Gerlich.

„Ich rufe auch Karpf und Falkenstein an“, sagte Malowitz. „Die sollen einen schönen Sonntag haben. Wissen sollen sie, daß jetzt einer da ist, der ihnen die Einbrüche macht. Wie ist die Vorwahl von Birnbach und Neuettering?“

„Steht im Telefonbuch.“

Für einen Moment war Stille.

Malowitz blätterte sicherlich.

„Hast du nichts zu trinken?“ fragte er. „So ungastlich kann doch dein Haushalt nicht sein.“

„Was Kaltes?“

„Klar.“

„Habe ich nicht. Habe leider keinen Kühlschrank. Ich trinke mein Bier immer zimmerwarm. Den Schnaps habe ich zum Kühlen in den Garten gestellt.“

„Wahrscheinlich kocht er in der Sonne. Egal. Hol ihn her!“

Das war das Stichwort für Tarzan, schleunigst den Rückzug anzutreten.

Im Krebsgang robbte er unter den Strauch, dann unter den nächsten. Noch ein Stück weiter — und er mußte sich hinter einen Reisighaufen pressen.

Gerlich kürzte ab, indem er durch das Parterrefenster stieg. Für einen Moment blieb er stehen. Er hielt das Gesicht in die Sonne. Sein Blondhaar schimmerte wie gedroschenes Stroh.

Tarzan linste durch dürre Zweige. Neugierig musterte er den Typ — das verbeulte Gesicht, den primitiven Ausdruck, die gedrungene Gestalt.

Was hatte der denn am Hals? Eine rote Kette? Nein! Eine Schramme! Tatsächlich eine Schramme! Und blond war er auch. Und die Gestalt paßte.

Beinahe hätte Tarzan durch die Zähne gepfiffen.

Wenn das nicht der Räuber aus dem Klostertaler Park ist, dachte er, will ich ab sofort Gartenzwerg heißen.



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